Nowa Huta. Orangen zum Anschauen
Sławomir Shuty

Aufwachsen in Nowa Huta, zu Deutsch Neue Hütte, 1949 gegründeter Standort eines Eisenhüttenkombinats östlich von Kraków, ist erst mal etwas ganz Normales – bis zur Pubertät. Nowa Huta, die Heimatstadt, revisited vom Schriftsteller Sławomir Shuty: Entworfen als Vorzeigestadt, bevölkert mit Vorzeigemenschen, entpuppt sich der Paradeentwurf der sozialistischen Stadtplanung als Hort des Verbrechens und der Straßenschlachten, der Saufexzesse und der Punk-Konzerte, als Brutstätte der Anarchie – heftig wurde hier am Eisernen Vorhang gezerrt. Es war der Anfang vom Ende. Sławomir Shuty beschreibt eindringlich die Brüchigkeit eines Lebens unter den Planungsvorgaben von Sollerfüllung, unter einer Wahnvorstellung vom heldenhaften Sowjetmenschen, in der der Überwachungsfanatismus jedem Einzelnen unter die Haut kriecht. Shuty erzählt von einer Stadt, die eher im Science Fiction zu Hause zu sein scheint – deren Zukunft schließlich aber sich ganz banal unter den Gesetzen der Marktwirtschaft gestaltet.

Die Arena meiner Kindheit in Nowa Huta waren die achtziger Jahre – aus der heutigen Perspektive schwere Zeiten, die damals jedoch von uns Kindern als etwas vollkommen Normales behandelt wurden, als Realität, die keinerlei Metamorphose unterliegt oder unterliegen wird. Es war, wie es war, man freute sich an jeder Kleinigkeit, die man im Geschäft hatte ergattern können, und deshalb war, als mein Bruder nach dem Verbringen mehrerer Stunden in einer langen Schlange zum Gemüsehändler drei Orangen (nicht drei Kilo, drei Stück) erstanden hatte, die Freude so groß, dass wir uns entschlossen – aber im Prinzip entschied so der Kopf unserer Familie, mein Vater – , den Akt des Konsums nicht zu vollziehen. Die Früchte erhielten einen Ehrenplatz auf dem Fernseher, um dort unsere Augen zu erfreuen. Wir würden uns an ihrer fröhlichen, lebendigen Farbe laben, uns ihren saftigen Geschmack vorstellen. Keiner traute sich, sie dort anzurühren, Vater hatte eine lockere Hand, und infolgedessen welkten die Früchte, fielen in sich zusammen und verschimmelten. Ein ähnliches Schicksal ereilte den gepökelten Schinken, dessen Verzehr wir bis zum nächsten Fest aufschoben, aber da das nächste Fest immer ein zukünftiges war, wurde der Schinken zu einem Artefakt, dessen Platz sich in unbestimmter Zukunft befand. Schließlich, in irgendeinem Jahre des Herrn, schwoll die Büchse mit dem Schinken an und man konnte sie nur noch wegwerfen.

Es war uns nicht vergönnt, den aromatischen Schinken zu probieren, es war uns nicht vergönnt, in jenem Frühling den Geschmack von Orangen kennen zu lernen. Was hilft's, dass es in den benachbarten Gärten Pflaumen gab, Äpfel, Birnen, Nüsse ... Nowa Huta war damals von Feldern, Wäldern und Weiden umgeben, in jenen Tagen war es noch kein Stadtteil von Krakau, es war ein eigenständiges Arbeiterstädtchen, das die kommunistischen Machthaber zur Bezwingung der bürgerlichen Intelligenz gebaut hatten. Man muss zugeben, dass die Baumeister und Architekten von Nowa Huta sehr hochtrabende und schöne Pläne hatten, deren mit einer grauen Patina überzogene Umsetzungen ein scharfsinniger Beobachter noch heute bemerken wird. Nach Pariser Vorbild breite Straßen, weitläufige Promenaden, das allgegenwärtige Grün, mit Grünanlagen, Parks, künstlichen Seen, komfortable, hohe, geräumige Wohnungen nach dem Vorbild alter Mietshäuser, klassizistische Wohnkomplexe, die die Funktionen von Lebensraum und Festung in sich vereinigen (aus Furcht vor einer Invasion der NATO-Armeen waren die Gebäude mit Flanken und Schießstellungen ausgestattet), überdies eine Reihe von Denkmälern, Theater, Kinos, ein eigenes Rathaus und ein mit Blumen angefüllter Marktplatz. Die Planung ließ sich nur teilweise realisieren: Der Zentrale Platz, gebaut nach dem Entwurf eines antiken Theaters und das Herz von Nowa Huta bildend, sollte mit einem der dramatischen Kunst gewidmeten Bau gekrönt werden; auf der gegenüberliegenden Seite sollte stolz die Spitze des Rathauses in die Höhe ragen, von wo aus sich das Panorama auf das alte, konservative und reaktionäre Krakau erstrecken würde. Leider kamen diese beiden und eine Reihe anderer erlesener Verwirklichungen aus einem sehr prosaischen Grunde nicht zustande. Und zwar fehlte es in einem bestimmten Moment des hurra-optimistischen sozialistischen Aufbruchs an Geld. Alle erhabenen Ideen wurden verworfen, die Notwendigkeit, schnell und ohne Thema zu bauen, meldete sich zu Wort. In Reichweite der prachtvollen Altstadt von Nowa Huta wuchsen düstere, nach der Methode der Großplatte gebaute graue Siedlungen.

Zwischen trüben Blocks, in einem Wohnviertel, das mit allem ausgestattet war, was ein nach sozialistischer Art zivilisierter Mensch braucht: Kinderkrippe, Kindergarten, Grundschule, Baufachschule, Lebensmittelgeschäft, Gemüsehändler, Apotheke, Kulturhaus, Wäschemangel, Schneider, Schuster, zwei Sportplätze, Parkplätze und Spielplätze, nistete sich unsere fünfköpfige Familie ein. In diesem Wohnviertel, und im Prinzip nur dort, verbrachte ich fünfzehn lange Jahre. Die Zeiten waren nicht einfach, in den Läden fehlte es notorisch an Waren, Zucker, Fleisch; Bedarfsgüter unterlagen beständiger Reglementierung. Wir kamen dennoch zurecht. Alles, was man nicht bekommen konnte, produzierten wir auf hauseigene Weise selbst, und so konnte man zu Hause Schokolade herstellen (sofern jemand so viel Glück gehabt hatte, Kakao und Milchpulver zu kaufen, die für den Herstellungsprozess unabdinglich waren), Bonbons, die aus Zucker entstanden, den man auf einem Teelöffel über dem Gasherd schmolz (sofern es Zucker gab), und Selbstgebrannten, mit dem es am einfachsten war, bloß, dass während des Brennens ein grausamer Gestank freigesetzt wurde, der leicht den Nachbarn interessieren konnte, und Denunziationen waren in Mode.

Meine Eltern stammten von den Goralen aus Nowy Sącz ab, so genannten Lachen, und als sie sich bei einer der nächsten Besiedlungswellen in Nowa Huta niederließen, wurden sie zu sehr beschäftigten Menschen. Meine Mutter kehrte am späten Nachmittag von der Arbeit zurück; mein Vater arbeitete in drei Schichten im nahe gelegenen Metallurgie-Kombinat, daher fehlte es in unserem Hause auch niemals an Brot oder einer warmen Mahlzeit. Aber diese Freiheit nutzten meine Brüder und ich ebenfalls, und so konnten wir uns, mit den um den Hals gebundenen Schlüsseln, kindlichen Vorstellungskräften und Spielereien hingeben, die nicht selten mit Verletzungen und großem Geheule endeten. Zu unseren kindlichen Lieblingsunterhaltungen gehörten Schlachten mit Erdklumpen zwischen den Halden, Drahthaufen und Stapeln von Betonplatten, die zu begonnenen und niemals beendeten Baustellen gehörten, Wettrennen in den Ausschachtungen – den Hügeln, wie wir sie nannten –, die sich hinter dem aufgebuddelten Kirchplatz befanden, die Erforschung der Nachkriegsbunker und Keller verlassener Häuser, das Durchstöbern von Mülleimern, in denen man stets irgendetwas Interessantes finden konnte: Getränkedosen und Schokoladenverpackungen aus dem Westen, Schuhkartons oder schließlich gebrauchte Spritzen (die wiederum aus den Mülleimern in der Nähe des Krankenhauses).

In jenen Tagen war Kriegspielen modern. Im Prinzip befand sich der ganze Stadtteil Nowa Huta in permanentem Kriegszustand, Wohnviertel kämpften gegen Wohnviertel, Blocks gegen Blocks, Treppenhäuser gegen Treppenhäuser, Stockwerke gegen Stockwerke. Die Konflikte wurden mithilfe verschiedenartigster Artefakte ausgetragen: Glasröhrchen mit Knetgeschossen, Schleudern, die mit Metallhaken trafen, Flaschendeckel, die mit Schwefel und Salpeter gefüllt waren, von oben runtergeworfene Wasserbeutel. Oftmals jedoch fanden jene städtischen Zwistigkeiten in fußballerischen Gefechten ein Ventil, Fußball war ein massenhaft und überall ausgeübter Sport, im Prinzip war dies der einzige Sport, dem wir uns in jungen Jahren hingaben, dem sich unser ganzes Stadtviertel Nowa Huta hingab. Oft wurden Spiele unterschiedlichster Art veranstaltet, Turniere, Begegnungen, Sparrings; meist waren dies Initiativen von unten, und auch deshalb feilte jede Mannschaft in unterrichtsfreien Momenten auf schwarz asphaltierten Sportplätzen, die in Betonnischen untergebracht waren, an ihren Fertigkeiten. Man muss dazu sagen, wenn es zuvor zwischen zwei entzweiten Lagern, ob das Siedlungen, Schulen oder Klassen waren, zu offenen Schlachten gekommen war, wurden während der Fußballspiele gewissenhaft die Grundsätze des Fairplay eingehalten. Auf dem Sportplatz kam es nie zu Schlägereien, obwohl es heiß herging.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt holte die traurige Wirklichkeit der Systemveränderungen unsere sorglosen Fußballspiele ein, es brach die Zeit an, wo unsere Spiele in dem Augenblick zu Ende waren, in dem die Tränengas-Konzentration in der Luft (es war die Zeit des Bürgerkrieges, eine Periode der Zusammenstöße der Volksmacht mit dem Untergrund – mit der Solidarność-Bewegung) keine schmerzfreie Fortsetzung unserer Spiele mehr erlaubte. Wir begaben uns dann in die höchsten Stockwerke des Treppenhauses, um aus der Höhe die Schlachtfelder zu beobachten, die Panzer, die die umliegenden Rasenflächen zerfurchten, Sprengwagen, die die Menge auseinander trieben und sie mit roten, schwer aus der Kleidung zu entfernenden Flüssigkeiten traktierten, Leuchtpetarden, die ein Feuerwerk vortäuschten, Maschinengewehrsalven, Detonationen von Granatwerfern, den grauen Tränengasnebel, der sich in die Wohnungen hinein- und Tränen aus den Augen hinausdrückte, die sich durch die Grünanlagen nachjagenden Vertreter der motorisierten Einheiten der Volkspolizei, die mit langen, weißen Stöcken alle Opponenten der damaligen Regierung misshandelten.

Die Unruhen, wie die Machthaber sie nannten, die Krawalle, wie wir sie nannten, endeten in der Nacht, und am Morgen machte sich, wer jung und lebendig war, auf die Suche nach Kriegstrophäen. Bis heute bin ich Besitzer der Hülsen von Blindgängern, Petarden und Tränengas, zu den besseren Fundstücken konnte ein Polizeischild gezählt werden oder eben auch ein Knüppel. Zu solch einer Jagd musste man sehr früh aufbrechen, je später man losging, umso mehr kleine Gestalten sah man, die die Straßenränder entlangschlichen und die eine ähnliche Beute angelockt hatte, zweitens jedoch musste man rechtzeitig in die Schule kommen, der Unterricht begann um halb acht. Die Grundschule war, wie das so oft unter ähnlichen Umständen ist, voll mit nervenkranken Lehrern, die ihre sadistischen Lehrpläne durchzogen, Hinternversohlen wegen eines unangespitzten Bleistiftes war an der Tagesordnung. Dank solcher Erziehungsmethoden sollten wir zu Menschen werden, was auch nicht allen gelang, aber was bedeutet das denn im Grunde – Mensch werden? Der Mensch wird doch immer auf die eine oder andere Weise zum Menschen, eine andere Möglichkeit gibt es ja nicht.

Wenn man an diese Auseinandersetzungen erinnert, dann muss man sagen, dass Nowa Huta von Beginn seiner Existenz an ein unruhiger Ort war, von den Bewohnern Krakaus als Brutstätte von Krankhaftem, Verbrechen und Alkoholismus wahrgenommen. Seinen schlechten Ruf verdankte es den Einwohnern, Arbeitern der ersten Stunde, denen die Unterhaltungen der Krakauer Intelligenz fremd waren und die ihre freien Momente gerne in volkstümelnder Atmosphäre verbrachten, indem sie Bier im nahe gelegenen Park tranken oder auch stärkere Alkoholika auf der nächsten Bank in sich hineinkippten.

Der gefährlichste Ort, wo die Polizisten nachts ihre Wache verbarrikadierten, war Mexiko, wie ihn die ersten Baumeister der Stadt genannt hatten. Vergewaltigungen, Raubüberfälle, Morde, illegale Abtreibungen waren hier an der Tagesordnung. Wer kann noch sagen, wie viele Neugeborene die Fundamente der ersten Siedlungen in Nowa Huta in sich aufgenommen haben? Paradoxerweise kam genau hier, in einer Stadt, die für die Bedürfnisse des Proletariats geschaffen worden war – für die von den Machthabenden verwöhnte arbeitende Masse – eine Unruhe zur Welt, die im Endeffekt zum Sturz des Kommunismus führte.

Wenn ich meine gesamte, ich sage das ohne Ironie, glückliche Kindheit zwischen vier Wohnblocks, der Schule und den Gebäuden eines quadratischen Geschäftskomplexes verbracht habe, so zwang mich das jugendliche Alter zur Erweiterung des Terrariums um eine Siedlung. Dort befand sich die allgemeinbildende Oberschule, in der ich meine Ausbildung fortsetzte. Ganz am Ende der weiterführenden Schule begann die nächste Erforschung von Nowa Huta. Damals begann ich mit einer Gruppe von Bekannten auch das Leben von Künstlern, der Boheme aus den Plattensiedlungen. Es beruhte auf Streifzügen durch in Dunkelheit versunkene Wohnviertel, die von Kampfschreien der durch billigen Alkohol in Stimmung gebrachten Fans der lokalen Fußballmannschaften erfüllt waren, auf geselligen Treffen in den Kellern der Wohnblocks, auf der Einnahme von Drinks auf der Startbahn des alten Flughafens (ein Überbleibsel des Zweiten Weltkrieges) und dem Musikmachen.

Zu Beginn der neunziger Jahre gründete ich mit Bekannten die Musikgruppe NH+, die versuchte, inspiriert von den Leistungen deutscher Veteranen der Untergrundszene, dem polnischen Publikum die Reize der industriellen Musik aufzuzwingen, im engeren Sinne des Wortes. Zu deren Entstehung benutzten wir Samples, die wir in Nowa Hutas Vierteln aufgenommen hatten: das Quietschen von Metalltüren, startende Motoren, arbeitende Bohrmaschinen, heulende Hunde, Ambosse, Kaffeemühlen. Unser fröhliches Schaffen traf damals auf totales Unverständnis, das Publikum bei den Konzerten reagierte bestürzt und zerbrach sich den Kopf darüber, ob die Kumpel da auf der Bühne wohl vorhätten zu spielen oder doch eher etwas zu reparieren. Irgendwann später verlagerten sich meine Interessen ins Stadtzentrum von Krakau. Gemeinsam mit Freunden machten wir Ausflüge auf der Suche nach Glück und Liebe. Zu jener Zeit war dies eine übliche Praxis; außer den Keller-Parties gab es praktisch kein Nachtleben in Nowa Huta. Die Expeditionen auf den Hauptmarkt in Krakau endeten – in Anbetracht der Verkehrsschwierigkeiten und des geringen Geldbeutelinhaltes – oft mit einem zweistündigen Nachtspaziergang zurück, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Nowa Huta unterliegt wie im Prinzip jeder andere polnische Ort nach dem Jahr 1989, in dem die ersten freien Wahlen abgehalten wurden und als Ergebnis derer das Lager der Solidarność an die Macht kam, ständigen Umwandlungen. An seinen früheren Glanz erinnern die verwahrlosten Fassaden der Wohnhäuser, die sich auf die klassische Tradition berufen, die Details voller architektonischem Pathos, antike Leuchtreklamen, die an die bewegte Vergangenheit mahnenden Restaurants „Jubilatka“ („Die Jubilarin“) und „Stylowa“ („Das Stilvolle“), oder schließlich das monströse, an eine Cyberpunk-Stadt der Zukunft erinnernde Metallurgie-Kombinat und dessen Umgebung.

Der Konkurrenz mit den unweit gelegenen modernen Freizeitkomplexen haben die beiden wunderschönen Kinos „Świt“ („Morgendämmerung“) und „Światowid“ („Weltspiegel“) nicht standgehalten, die in einen Spielsalon und einen Umschlagplatz für aus dem Ausland eingeführte gebrauchte Möbel umgewandelt wurden. In gutem Glauben durchgeführte Isolierungen und Renovierungsarbeiten führen oftmals dazu, dass die historischen Blocks mit den kunstvollen klassizistischen Vorderseiten ihren Charakter einbüßen, indem sie zu gewöhnlichen Klötzen werden, von denen es an den Stadträndern wimmelt. Die Erdgeschosse der realsozialistischen Mietshäuser nehmen Banken, Pizzerien, Fast-Food-Bars, Läden mit Haushaltsgeräten und Kebab-Stände ein. Nowa Huta verliert seinen Charakter einer ausschließlichen Arbeiterstadt, es wird zu einer weiteren Schlafstadt von Krakau. Auch die Wahrnehmung des Ortes ändert sich: Hatte vor einiger Zeit noch niemand Lust, sich in die Bezirke von Nowa Huta vorzuwagen, so erlebt das Stadtviertel heute seine zweite Jugend, es wird zu einem Mode-Ort und es ist prima, sagen zu können, dass man hier wohne. Immer mehr junge Leute legen schöpferische Initiative an den Tag, indem sie sich eben genau hier verwirklichen. Es entstehen neue Theater, kleine Klubkinos, die namhaftesten Maler der jüngeren Generation haben hier ihre Ateliers, es besteht die Möglichkeit, dass neues Blut hier durchströmt, dass die völlige Aufgabe der architektonischen und historischen Tradition nicht zulassen wird. Mir Menschen aus Huta, der hier sein erstes künstlerisches Blut gelassen hat, gehen etwas andere Dinge durch den Kopf. Ich träume von einer in der Abgeschiedenheit vergrabenen ländlichen Hütte, weit, weit entfernt von jedweder Stadt.

Sławomir Shuty, geboren 1973, Absolvent der Wirtschaftsakademie in Krakau, Schriftsteller, Fotograf, Autor von Underground-Filmen, Veranstalter und Hauptdarsteller des Happening-Zyklus „Der Zirkus aus Huta“. Autor der Erzählungsbände „Neuer wunderbarer Geschmack“,1999, und „Zuckerspiegel normal“ , 2002, des Romans „Stottern“, 2001, und Initiator des ersten polnischen Hypertextromans „Blo“ (http://www.blok.art.pl/). Im Jahr 2004 veröffentlichte er den Roman „Haufen“, der mit dem Preis „Paszport Polityki“ für „sein literarisches Gehör, seine Leidenschaft und den Mut beim Porträtieren der polnischen Realität“ ausgezeichnet wurde. Sławomir Shuty veröffentlichte in Raster, Lampa i Iskra Boża und BruLion. Er ist fester Mitarbeiter von Ha!art. Der Film „Luna“ unter seiner Regie siegte beim IV. Festival des Unabhängigen Kinos im Juni 2006. Sławomir Shuty stammt aus Nowa Huta und lebt in Kraków.

(Aus dem Polnischen von Christina Marie Hauptmeier)
Thema:
Traumstädte, Geisterorte

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