Mechanismen des Vergessens. Eine deutsch-polnische Konferenz
[ Phänomene von Vergessen und Marginalisierung in der bildenden Kunst der letzten 20 Jahre ]
Wie funktioniert kunsthistorische Amnesie? Was sind die Impulse für so genannte Wiederentdeckungen, was die Halbwertszeiten von Selektion und Kanonbildung? Welche gesellschaftlichen und kulturellen Phänomene tragen dazu bei, dass bestimmte Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke in Vergessenheit geraten beziehungsweise vergessen bleiben?Die Konferenz „Mechanismen des Vergessens“ versucht derlei komplexen Mechanismen aus unterschiedlichen kunsthistorischen, soziologischen und auch kulturpolitischen Perspektiven auf die Spur kommen – insbesondere in einigen Aspekten der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart.
Polen und das Gebiet der ehemaligen DDR teilen in vielerlei Hinsicht eine ähnliche Geschichte – zumindest für die Situation der bildenden Kunst in den letzten drei Jahrzehnten. In beiden Ländern wurde bis 1989 die Entwicklung von Gegenwartskunst wie auch die damit verbundene Theoriebildung meist von Ideologien beeinflusst und eingeschränkt – führte aber auch (fernab von kolportierten Klischees) zu interessanten Sonderwegen und kreativen Ausweichmanövern. Viele dieser künstlerischen Strategien und ihre Protagonisten sind heute zu Unrecht vergessen.
Die gesellschaftlichen Veränderungen der späten 1980er Jahre hatten vielfach eine Orientierung an dominierenden westlichen Tendenzen zur Folge. Hier spielte gewiss auch institutioneller und publizistischer Aufholbedarf eine große Rolle.
Die Konferenz „Mechanismen des Vergessens” untersucht im Hinblick auf Rezeptions- und Vermittlungsmuster, wie sich – nicht nur im Umfeld der gravierenden Umbrüche – Vergessen und Marginalisierung auf dem Gebiet der bildenden Kunst ereignen: Künstler aus beiden Ländern kommen hier ebenso zu Wort wie Soziologen und Kunstexperten. Nach großen Überblicksausstellungen und ambitionierten wissenschaftlichen Projekten, die versuchten, einen größeren Teil des ost- und zentraleuropäischen Transformationsgebietes zu untersuchen, wird hier eine Nahsicht auf zwei benachbarte Regionen angestrebt. Ob konkrete Kunst oder realistische Figuration, ob Konzeptkunst oder feministische Inhalte – die Diskussion bleibt weiterhin in Gang; Neubewertungen und Überraschungen sind nicht ausgeschlossen.